hr-iNFO Büchercheck: Americanah von Chimamanda Ngozi Adichie

hr-iNFO Büchercheck: Americanah von Chimamanda Ngozi Adichie

17.07.2014

Chimamanda Ngozi Adichie wurde 1977 in Nigeria geboren. Aber zu sagen, dass sie Nigerianerin ist, erzählt nicht mal die Hälfte der Geschichte dieser jungen Frau, die an den besten amerikanischen Universitäten studiert hat, die heute teils in England, teils in den USA, teils in Nigeria lebt und die jetzt schon eine Art Weltstar der Literatur ist. „Americanah“ ist ihr dritter Roman.
hr-iNFO Bücherchecker Alf Mentzer hat den Roman gelesen.

Worum geht es?
Americanah ist zunächst einmal eine Liebesgeschichte. Es ist die Geschichte von Ifemelu und Obinze, die sich im Nigeria der 1990er Jahre kennen und lieben lernen. Aber dieses Nigeria der 90er Jahre ist eine brutale Militärdiktatur, ein korruptes Land, das den beiden ehrgeizigen Studenten keine Zukunft bieten kann. Und so gehen sie ins Ausland – sie, Ifemelu, in die USA, wo sie eine erfolgreiche Bloggerin wird und Aufnahme in die besten gesellschaftlichen Kreise findet, während es ihn – Obinze – nach England verschlägt, wo er sich als Illegaler mehr schlecht als recht durchschlagen muss. Auf unterschiedlichen Wegen finden die beiden in Nigeria zwar wieder zusammen, müssen aber feststellen, dass sie auch im eigenen Land zu Fremden geworden sind.

Wie ist es geschrieben?
„Americanah“ ist einer dieser großen, süffig geschrieben Romane, die ein breites gesellschaftliches Panorama aufmachen und es mit interessanten, witzigen und komplexen Figuren bevölkern. Das Erstaunliche an diesem Roman ist, dass sein Blick von Afrika über Europa bis nach Amerika reicht und trotzdem nicht auseinanderfällt. Adichie kann mitreißend erzählen, sie kann präzise beobachten, und gerade Ifemelus Blogeinträge gehören zum Pointiertesten, was man über den unterschwelligen Rassismus im scheinbar so aufgeklärten Westen lesen kann:

„Schau, in diesem Artikel steht, dass Du Dir die Wangen kneifen sollst, damit sie Farbe kriegen, weil sie davon ausgehen, dass ihrer Leserinnen Wangen haben, die rosa werden, wenn man sie kneift. Der hier handelt von Haarpflegeprodukten für alle - `alle´ heißt blond, brünett und rothaarig. Ich bin nichts davon. Und der hier beschreibt die besten Conditioner – für glattes, welliges und lockiges Haar. Aber nicht für krauses Haar? Siehst du, was sie unter lockig verstehen.“

Wie gefällt es?
Ich muss gestehen, dass mich die romantische Liebesgeschichte am Schluss doch ein bisschen gelangweilt hat – so ganz hat sich Adichie hier nicht von den Klischees befreien können, die sie ansonsten so treffsicher attackiert. Auch die deutsche Übersetzung von Anette Grube ist hier und da ziemlich holprig. Aber trotzdem – die Art, wie hier erzählt wird, was es im 21. Jahrhundert bedeutet, „schwarz“ zu sein – ist aufregend, ist originell und eben ganz und gar nicht klischeehaft. „Americanah“ ist ein faszinierender Roman über Identitätssuche und Identitätsfindung in unserer globalisierten Moderne.

24,99 € inkl. MwSt.
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gebundenes Buch, 604 S.
Sprache: Deutsch
Fischer, S. Verlag GmbH
ISBN: 9783100006264

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